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Witzmanns Inszenierung "zwischen-stufen" in der Kunsthalle Treppenhaus in Klangstruktur |
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Unter den Musikern haben Schlagzeuger einen ganz besonderen Spieltrieb. Jeder Gegenstand wird auf seine klanglichen Möglichkeiten abgeklopft: Alles ist Musik. Für Thomas Witzmann, Schlagzeuger und Komponist in einer Person, gilt dieses Motto ganz besonders. In seiner Musikinszenierung "zwischen-stufen", die beim Altstadt-Herbst in der Kunsthalle zu sehen und zu hören war, diente das Treppenhaus nicht nur als Raum, in dem Musikinstrumente ausgebreitet lagen und nach und nach zum Einsatz kamen, sondern auch als Klangobjekt. Neben den vielen Klangerzeugern aus Holz und Metall wurden auch Drahtseile und Holzgriffe des Geländers einbezogen. Außerdem bildete die Gestalt des Treppenhauses mit ihren wiederkehrenden Formen wie Stufen und Treppenabsätze das formale Gerüst für Witzmanns Komposition, eine großangelegte Steigerung mit ebenfalls klar erkennbaren, wiederkehrenden Teilen. Die Veranstaltung begann, als eine unscheinbare Person (Caroline Jung) die Treppe betrat und gleichzeitig Witzmann und Frank Gratkowski (Saxophon) schnarrende Geräusche erzeugten. Die beiden Musiker arbeiteten sich von Stufe zu Stufe von oben nach unten, der eine besessen trommelnd und der andere nicht weniger aufgeregt die Noten vom Geländer abspielend. Ab und zu wurde das musikalische Geschehen begleitet vom Auftauchen der unscheinbaren Person, die sich das Geschehen wie ein unbeteiligter Museumsbesucher ansah und den Musikern auf der Treppe entgegenging. Als die Musiker ganz unten mit furiosen Klängen angekommen waren, kam Caroline Jung nicht minder unbeteiligt, aber diesmal als lebendiger Akt die Treppe herunter. Dies war ein weiterer Verweis auf eine andere Kunstform, nämlich die bildende Kunst. Fielen bisher nur sporadisch Tischtennisbälle von Stufe zu Stufe, so kam nun eine wahre Kaskade von ihnen die Treppe hinunter, die damit die Aktion beendeten. Thomas Witzmann schuf mit seiner Musikinszenierung die Voraussetzung,
architektonische Form mu-sikalisch erlebbar zu machen. Die räumliche Dimension
verband sich für die Zuhörer unmittelbar mit der Mu-sik, da sie in der
Mitte des Treppenhauses standen, wo sie zunächst das Geschehen auf sich
zukommen und sich dann wieder entfernen sahen. Ein anregendes Ereignis. |
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Programmatisches Ziel ist es, "Querverbindungen" herzustellen zwischen Musik, Bildender Kunst und Architektur. Große Worte für eine einstündige Aktion. Die Ausführung ist sehr viel konkreter. Im Zentrum der Inszenierung: die Innentreppe der Kunsthalle. Witzmann hat sie sorgfältig präpariert und mit Objekten bedeckt. Auf dem Geländer kleben Noten, versehen mit präzisen Anweisungen: "5 mal wiederholen", "20 sec. Pause", "nach oben schauen". Die Darstellerin Caroline Jung eröffnet als lebendig gewordene Duane Hanson Figur: gaffende Museumsbesucherin. Ganz oben auf der Treppe erscheinen die beiden Akteure. Schritt für Schritt, Stufe für Stufe kommen sie langsam herunter. Das Saxophon (Frank Gratkowski) spielt die vorgegebenen Noten vom Geländer ab. Witzmann (Perkussion) bearbeitet mit Holzklöppeln die Objekte. Auf und zwischen jeder Stufe - so die Message - liegt eine Welt von Klängen, Rhythmen und räumlichen Bezügen. Es sind Nylondrähte gespannt, mit deren Hilfe entlegenere Orte des Raumes akustisch aktiviert werden. Die Aktion hat drei Phasen. Erstens: Abschreiten der oberen Treppe. Die Ausführung bleibt steif, da gebunden an die vielen Vorgaben. Eine Interaktion findet nicht statt. Witzmann bleibt bestimmendes Zentrum des Geschehens. Er wirkt wie ein kleiner Junge, der unbeaufsichtigt einen Kunstgewerbeladen erforscht. Zweitens: Befreiung und Umkehrung. Beide Akteure gehen improvisierend die Treppe rückwärts hinauf. Zum ersten Mal freie Musik. Die Umkehrung von Camus' Sisyphos-Mythos: Verweigerung der Warenwelt, kurzer Moment der Entspannung. Drittens: Aufgabe der Freiheit. Erneutes Versinken in Abhängigkeit. Mit wachsender Aggressivität wird Anpassung zelebriert. Der Niedergang auf der zweiten Treppe in Richtung Ausgang wird zur bitteren Akzeptanz der Verhältnisse. Wie zum Trost schwebt Caroline Jung als Gerhard Richters berühmte "Eva"
nackt die Treppe herunter. Sexualität als letztes Ventil? Vielleicht hätte
die Aktion hier beginnen sollen. |
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